Die Basilika Mariä Himmelfahrt ist das Wahrzeichen der französisch gewordenen Stadt Nizza nach 1860. Die Restaurierung der Fassaden ermöglicht es heute, die Angriffe der Witterung und der städtischen Luftverschmutzung auszuwischen, und gibt diesem Denkmal den Platz wieder, den es zur Zeit der Belle-Epoque um die Jahrhundertwende besass.
Ein bewegter Plan
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts muss sich die Diözese von Nizza mit ihrem neuen Bischof Mgr Jean-Pierre SOLA der neuen Organisierung des städtischen Raums anpassen und auf die Bedürfnisse der « fremden Kolonie » antworten, die den Bau einer Kirche in den neuen Stadtvierteln wünscht.
Eine begüterte Bevölkerung hat sich im Winter in der Vorstadt am rechten Ufer vom Paillon niedergelassen. Demzufolge stellt Mgr SOLA die Bitte, dass eine Kirche für sie gebaut wird. Die einzigen religiösen Bauten, die es damals in diesem Stadtviertel gab, waren eine orthodoxe und eine anglikanische Kirche. Die Katholiken sollten sich entweder mit der kleinen Stephanskirche (1926 zerstört), die schwer erreichbar war und von örtlichen Landarbeitern besucht wurde, oder mit der Kapelle des Hospizes der Caritas , die ebenfalls zu klein war. Mgr SOLA stösst gegen die Ablehnung des Bürgermeisters von Nizza, François MALAUSSENA, der das Stadtgeld für die Verkehrs- und Kommunikationsmittel verwenden will (ihm verdanken wir insbesondere die Bahnlinie nach Nizza im Jahre 1863 und die Errichtung des Bahnhofes 1864).
Also muss sich der Bischof nach anderen Finanzierungsquellen umsehen. Er zieht die Hilfe vom Pater Alexandre LAVIGNE hinzu, der in Paris sehr geschätzt wird, und hält ihn für den geeignetesten Mann, um die Wünsche der Wintergäste zu erfüllen. Er ernennt ihn also zum Generalvikar für die « fremde » Kolonie. Diese Ernennung entspricht auch dem Willen von Mgr SOLA, die Einwohner von Nizza zur französischen Kultur durch den Klerus beitreten zu lassen. Pater LAVIGNE legt 1962 eine grosse Zeichnung auf, um das nötige Geld für den Bau der Kirche zu sammeln. Die sehr begeisterte « fremde » Kolonie nimmt an Wohltätigkeitsbazaren und öffentlichen Geldspendieren teil. Spenden kommen aus ganz Frankreich und Pater LAVIGNE geht sogar bis nach England, um bei den reichen Familien, die den Winter in Nizza verbringen, grosszügige Geldspenden zu ersuchen.
Das Bauwerk sollte nicht nur auf den Geschmack und auf die Anforderungen der grosszügigen Spender antworten, sondern auch sich im neuen Stadtbild integrieren. Der Bau beginnt 1864 unter der Leitung des Architekten Charles LENORMAND, der später die Kathedrale von Monaco konzipierte. Der Grund wird dem Wohltätigkeitsamt und dem Werk der Barmherzigkeit von der Stadt abgekauft.
Die Kirche ist im neogotischen Stil erbaut und nimmt sich die Klosterkirche Saint Serge in Angers zum Vorbild. In diesem Sinne entspricht sie der Französischmachung der Politik und der Modernisierung der Stadt. Sie ist Mariä Himmelfahrt gewidmet als Anspielung an die ehemalige Kathedrale, die sich auf dem Schlosshügel befand. Obwohl man den Plan für übermässig hielt, gehen die Bauarbeiten schnell voran und schon 1865 können die Wintergäste die Errichtung des Hauptschiffes und der 8 Nebenkapellen bewundern. Obwohl sie unvollendet ist, wird die Kirche am 3. Mai 1868 während eines von Mgr SOLA gefeierten Gottesdienstes enthüllt und gesegnet. Die Bauarbeiten verzögern sich aufgrund der mangelnden Mittel wegen des Krieges von 1870 und des Todes vom Pater LAVIGNE im Jahre 1874. Dieser hinterlässt kolossale Schulden, die niemand tilgen will . 1876 begleicht die Stadt die Schulden vom Pater LAVIGNE und wird zum Besitzer der Gesamtimmobilien. 1879 wird die Kirche endlich als « vollendet » erklärt und erhebt sich stolz und gänzlich fertiggebaut auf der Avenue de la Gare (heute Avenue Jean Médecin). Die Stadt, die die Gründe und Bauten besitzt, verwandelt das Pfarrhaus in eine öffentliche Schule. Das Erdbeben von März 1887 spaltet das Bauwerk entzwei, ohne jedoch die drei Schiffe oder die Tragstrukturen zu beschädigen.
Die Kirche wird am 12. März 1925 eingeweiht und am 16. April 1978 zur Basilika erhöht.
Ein riesiges Bauwerk
Die Fassade wird von der von Notre Dame in Paris beeinflusst, mit drei Toren, einer Rosette, Zwillingsfenstern in einem Spitzbogen und einer Galerie mit vier Pinakeln.Eine Marienstatue steht an der Spitze und eine andere vor der Rosette. Zwei 31 Meter hohe Türme erheben sich in den Himmel von Nizza und sollten mit achteckigen Spitzen beendet werden, dieses Prokekt wurde aber wegen des brüchigen Grundes aufgegeben. Skulpturen fehlen auf dieser Fassade wegen Geldmangels, eines wiederkehrenden Problems beim Kirchenbau. Die Statue von unserer Lieben Frau der Befreiung wurde 1944 von GALLO auf dem Haupttorpfeiler gehaut.
Der Chor wird von dem von der Klosterkirche Saint Serge in Angers beeinflusst. Diese Charakteristiken findet man immer wieder in dem gesamten Bauwerk, um die Einheit des Baustils zu bewahren. Die drei Schiffe sind gleich hoch und es gibt zwölf Nebenkapellen und sieben Chorkapellen. Der Unterschied mit dem opus franciginum besteht in der Mischung von gotischen pfeilförmigen Strukturen mit hochgotischen Mauerfüllungen. Dieses harmonische Gesamtwerk stellt eines der schönsten neogotischen Bauwerke in der Gegend. Die 1868 hergestellten Kirchenfenster im Chor schildern die Krönung Mariens, umgeben von den Heiligen Josef, Joachim, Paul, Raphael, Gabriel und von den Patriarchen und Aposteln. Die heiligen Evangelisten sollten um das Schiff stehen, aber sie wurden von zeitgenössischen Kirchenfenstern ersetzt. Die verzierten Kirchenfenster der Kapellen wurden von Privatleuten im ausgehenden 19. Jahrhundert geschenkt. Die Statuen stammen aus der sulpizianischen Tradition.
Die Chorkapelle, die lange Zeit dem Heiligen Herzen gewidmet wurde (Abbildung auf den Kirchenfenstern), wird nun der Jungfrau Maria gewidmet, deren Statue aus dem Jahre 1960 stammt. Dort sieht man auch zwei Gemälde aus dem 19. Jahrhundert. Rechts die heilige Familie, eine Abbildung von Murillo, wo die Jungfrau Maria und das Jesuskind mit den heiligen Anna und Johannes dem Täufer, und über ihnen Gott der Vater und der heilige Geist. Das Originalgemälde war von Ludwig dem 16. gekauft worden und befand sich in der Wohnung der Kaiserin Eugénie in den Tuileries. Die Holztäfelung wurde 1956 neu gemacht, ursprünglich ein Werk von Clément GOYENECHE. Die Kunstschmiedearbeiten von Louis VIALE stammen aus derselben Zeit. Im Südturm hängt eine grosse Glocke, 1020 kg schwer, ein Werk von DUBUISSON-GALLOIS aus dem Jahre 1868.
Die Kirche Mariä Himmelfahrt ragt im neuen Bild der Stadt Nizza durch ihre stattliche gotische Gestalt empor. Sie entspricht den Bedürfnissen der französischen Winterkolonie, die sich in Nizza regelmässig aufhält.
Heutzutage bleibt sie ein wichtiger Versammlungsort für die katholische Gemeinde dieses Stadtviertels, aber sie ist auch eine Kulturstätte, wo viele Konzerte im Laufe des Jahres stattfinden, die sie zu einem wichtigen musikalischen Treffpunkt in der Stadt machen.
Hochwertige Kirchenfenster
Drei Kirchenfenstermeister arbeiteten der Reihe nach, um die Kirchenfenster der Basilika herzustellen. Zunächst CHAMPIGNEULE, der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts lebte. Er fertigte die Kirchenfenster der Nebenkapellen, der beiden Seiten und der ersten Chorkapellen. Sie sind von dem zeitgenössischen Stil ihres Herstellers geprägt. Sie stellen biblische Szenen dar, wie das Leben Jesu.
Der zweite Kirchenfenstermeister, MARECHAL, stellte die Fenster der fünf Chorkapellen, die zu den wichtigsten in der Basilika zählen.Sie sind für den Stil des 13. Jahrhunderts typisch und heben sich durch ihre glänzenden Farben ab. Obwohl er sie nicht unterschrieben hat, verdanken wir ihm wahrscheinlich auch die Rosette, denn man findet dort dieselben eigenen Farben der Chorkapellen wieder. Anscheinend arbeitete kein anderer Kirchenfenstermeister in der Basilika zur selben Zeit. Diese Rosette enthält in der Mitte das Alpha und das Omega, die von Medaillons mit den zwölf Aposteln umgeben sind.
Diese ist zur Zeit von der Orgel gedeckt, die für die Gottesdienste verwendet wird. Es soll trotzdem daran erinnert werden, dass das Licht, das sich durch die Kirche wiederspiegelte, das Hauptschiff färbte und eine spätgotische Atmosphäre verlieh.
Beide Kirchenfenstermeister wirkten in einem Atelier in Metz zusammen. Herr CHAMPIGNEULE hat immer noch Nachkommen, die zur Zeit in Paris arbeiten.
Die letzte Kirchenfensterreihe stammt von den Gebrüdern BENOIT. D.h. die hohen Fenster beiderseits entlang des Schiffes. Sie wurden 1956 in einem zeitgenössischen Stil hersgestellt, um die einfachen Glasfenster zu ersetzen. Die aktuelle Restaurierung der Kirchenfenster wurde den Kirchenfenstermeistern Florence LAUGIER und Jean-Pierre BELLION anvertraut. Das Atelier von Florence LAUGIER, das 1862 vom Kirchenfenstermeister Joseph FASSI gegründet wurde, befand sich ursprünglich in der Villa Vittoria-Magnan. Heute liegt es rue Boissy d’Anglas. Seit den Anfängen des Ateliers haben sich die Techniken kaum geändert. Das ausserordentliche Können und Wissen bürgen also für eine schöne Restaurierung.
Heutzutage hat die Restaurierung des Bauwerkes eine neue Dynamik in diesem Stadtviertel zur Folge. Das Bauwerk steht wieder mitten im Herzen der Stadt und stellt ein touristisches Erbgut dar, worauf die Einwohner der Stadt Nizza stolz sind.